Wirtschaft Lexikon der Argumente

Home Screenshot Tabelle Begriffe

 
Soziale Bewegungen: Soziale Bewegungen sind organisierte, kollektive Bemühungen einer Gruppe von Einzelpersonen oder Organisationen, um soziale, politische oder kulturelle Veränderungen herbeizuführen oder sich ihnen zu widersetzen. Sie können sozialer, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Natur sein und beinhalten oft Proteste, Demonstrationen, Boykotte und Lobbyarbeit. Siehe auch Gesellschaft, Politik, Gemeinschaft.

_____________
Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Claus Offe über Soziale Bewegungen – Lexikon der Argumente

Gaus I 269
Soziale Bewegungen/Claus Offe/West: Am nächsten am marxistischen Paradigma - in der Tat fast durchgängig mit den Schulen des westlichen und des Neomarxismus, die die sich wandelnde Natur des Kapitalismus und den entsprechenden Niedergang des Aktivismus der Arbeiterklasse anerkennen - stehen Theorien neuer sozialer Bewegungen als Antwort auf die Krisen des "Wohlfahrtsstaat"-Kapitalismus (WSC) (Offe, 1984(1); 1985(2)).
Wohlfahrtsstaatlicher Kapitalismus: Ein Ausgangspunkt für solche Theorien ist die neokorporatistische Einbeziehung der Arbeiterklasse in die institutionellen Strukturen der kapitalistischen Gesellschaft durch gewerkschaftliche und parteipolitische Vertretung. Die für den Wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus (WSC) charakteristische sozialdemokratische Rechtsordnung ergänzt die bürgerlichen und politischen Rechte (die von
Gaus I 270
der liberalen Demokratie geschätzt werden) mit "sozialen Wohlfahrtsrechten", die durch die Bereitstellung von sozialer Wohlfahrt (Gesundheit, Bildung, Wohnung), sozialer Sicherheit (Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenleistungen), Maßnahmen der wirtschaftlichen Umverteilung (progressive Besteuerung) und keynesianischer Wirtschaftspolitik (Vollbeschäftigung, Nachfragesteuerung) verwirklicht werden (Marshall, 1963(3): 74-126; Offe, 1985(2): 821-5).
>Liberalismus
, >Demokratie, >Demokratietheorie.
Staatskapitalismus: Diese Entwicklungen bringen im Vergleich zum liberalen Kapitalismus eine erhebliche Ausweitung der staatlichen Aktivitäten mit sich.
Produktion: Der damit einhergehende Niedergang des Aktivismus der Arbeiterklasse wird durch den sich wandelnden Charakter der Produktion im Übergang vom "Fordismus" oder "Taylorismus" zum "Post-Fordismus" und "Post-Taylorismus" verstärkt (Lash und Urry, 1987)(4).
>S. Lash, >J. Urry.
Dabei geht es in erster Linie um den Niedergang des traditionellen verarbeitenden Gewerbes und den Aufstieg des Dienstleistungssektors, der geographisch weiter verstreut und industrial weniger organisiert ist. Jedoch wird das fordistische Modell - der Fließbandproduktion einer relativ kleinen Palette von Produkten für den Massenkonsum - allmählich durch diversifiziertere und dezentralisierte Produktions- und Konsumformen ersetzt.
Klassen/Identität: Beide Entwicklungen untergraben traditionelle Solidaritäts- und Organisationsformen der Arbeiterklasse und neigen dazu, eine Vervielfältigung und Diversifizierung von klassenfremden Identitätsformen zu unterstützen.
Bürger/Sozialstaat: Verweigert der Wohlfahrtsstaat die eskalierenden Forderungen der Bürger, dann riskiert er einen Autoritäts- oder Legitimitätsverlust (Offe, 1985(2): 818-20; Habermas, 1976(5)).
>J. Habermas.
Aber die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger müssen unweigerlich wachsen, denn die Ausweitung der staatlichen Verantwortung untergräbt so "unbestrittene und unbedingte Prämissen der Politik" wie Familie, Religion und Arbeit (Offe, 1985(2): 819).
Neoliberalismus/Huntington: Es ist natürlich genau diese "Krise der Regierbarkeit" (Huntington, 1975(6); O'Connor, 1973(7)), die die neoliberalen Versuche motiviert hat, den weniger expansiven Zustand des liberalen Kapitalismus wiederzubeleben.
Soziale Bewegungen: Die sich wandelnde Natur des Kapitalismus steht (...) nicht nur in Zusammenhang mit dem abnehmenden Aktivismus der traditionellen Arbeiterklasse, sondern auch mit dem Aufstieg der Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung (Offe, 1985(2): 825-32). Für Offe bieten die [Neuen Sozialen Bewegungen] (NSMs) eine potenziell vielversprechendere Antwort auf die Krise des Wohlfahrtsstaates in Form einer wiederhergestellten, vom Staat unabhängigen Zivilgesellschaft.
>Zivilgesellschaft.

1. Offe, Claus (1984) Contradictions of the Welfare State, Hrsg. John Keane. Cambridge, MA: MIT Press.
2. Offe, Claus (1985) 'New social movements: challenging the boundaries of institutional politics'. Social Research, 52 (4): 817-68.
3. Marshall, T. H. (1963) Sociologv at the Crossmads and Other Essays. London: Hememann.
4. Lash, Scott and John Urry (1987) The End of Organized Capitalism. Cambridge: Polity.
5. Habermas, Jürgen (1976) Legitimation Crisis, trans. T. McCarthy. London: Heinemann.
6. Huntington, S. P. (1975) 'The United States'. In M. Crozier et al., eds, The Crisis of Democracy.
New York: New York Umversity Press.
7.O’Connor 1973

West, David 2004. „New Social Movements“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

_____________
Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Offe I
Claus Offe
Strukturprobleme des kapitalistischen Staates Frankfurt/M. 1972

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

Send Link
> Gegenargumente gegen Offe
> Gegenargumente zu Soziale Bewegungen

Autoren A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Y   Z  


Begriffe A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Z